Das Gleichgewicht bei Parkinson
Auf den ersten Blick ist das Halten des Gleichgewichts für uns selbstverständlich. Es scheint nicht viel dabei zu sein. Im Grunde steuert der Körper das Gleichgewicht und die aufrechte Haltung automatisch.
Bei Parkinson geht im Laufe der Erkrankung die Selbstverständlichkeit verloren. Die Halte- und Stellreflexe werden schlechter. Eine Störung des Gleichgewichts kann die Folge sein. Wie dein Gleichgewicht funktioniert und wie du es testen kannst, erfährst du in diesem Artikel.
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Gleichgewichtssensoren oder auch Tiefensensibilität
Um den Körper im Gleichgewicht zu halten, braucht das Gehirn die Information darüber, in welcher Position sich der Körper und die einzelnen Segmente befinden.
Dafür sind Sensoren erforderlich. Es gibt im Körper eine Vielzahl von unterschiedlichen Sensoren, die bei Parkinson teilweise auch gestört sein können. Näheres dazu wird zurzeit noch untersucht. Dieser Vorgang ist nämlich sehr komplex.
Normalerweise messen die Sensoren z. B. den Stand der Gelenke und leiten die Information ans Gehirn weiter. Dort wird die Information ausgewertet.
Neben der Tiefensensorik können auch die Augen bewusst oder unbewusst wertvolle Informationen sammeln und weitergeben. Im Alter sind die Rückmeldungen, die die Augen liefern zunehmend wichtig. Das kann auch der Grund sein, warum du im Dunkeln oder in der Dämmerung verstärkt Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht hast.
Des Weiteren ist das Gleichgewichtsorgan im Ohr wichtig für das Halten des Gleichgewichts.
Verarbeitung der sensorischen Reize
Sobald dem Gehirn bekannt ist, in welcher Position der Körper sich befindet und welche Aufgabe er als nächstes verrichten soll, wird berechnet was nun erforderlich ist.
Durch den Dopaminmangel ist die Weitergabe der Information von Nervenzelle zu Nervenzelle gestört. Daher kann es bereits in der Weitergabe zu einer Verzögerung kommen. Doch natürlich kann genauso die weitere Reizverarbeitung gestört sein. Bis die Position, in der sich der Körper oder einzelne Gelenke befinden, ausgewertet ist, kann insgesamt mehr Zeit als beim gesunden Menschen vergehen. Allein hierdurch lassen sich Gleichgewichtsstörungen bei Parkinson erklären. Aber durch die komplexen Zusammenhänge können noch mehr Ursachen hierfür verantwortlich sein. Zum Glück sind es ohnehin nicht die Ursachen, an denen du etwas verändern kannst.
Aufrechterhaltung des Gleichgewichts
Wenn u. a. die tiefensensorischen Reize verarbeitet sind, reagiert der Körper im nächsten Schritt auf die Informationen. Selbst wenn du stillstehst, ist dein Gleichgewicht aktiv. Es ist ein dynamischer Prozeß, denn winzige Veränderungen finden fortwährend statt, um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten und deinen Körper aufzurichten.
Durch die ausgewerteten Informationen ist der Körper im Normalfall gut in der Lage, die Haltung zu korrigieren oder eine neue Haltung einzunehmen. Bei Parkinson klappt dies aber aus verschiedensten Gründen nicht mehr so gut. Bevor dein Körper automatisch gegensteuert, bist du womöglich längst in einer anderen Haltung.
Außerdem kann bei Parkinson die Reaktion auf einen Verlust des Gleichgewichts standardisiert und unabhängig von der jeweiligen Situation sein. Das bedeutet, dass es z. B. zu einer minimalen Korrekturbewegung kommt, die das Verlieren des Gleichgewichts nicht verhindern kann. Genauso sind zu starke Korrekturbewegungen möglich, die über das Ziel hinausschießen.
Gleichgewicht und Ablenkung
Dass bereits kleine Defizite vorliegen, merkst du vielleicht auch daran, dass du Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht hast, wenn du plötzlich angesprochen wirst. Die Ablenkung entzieht die Aufmerksamkeit von dem Erhalt deines Gleichgewichts.
Deine Augen spielen wie gesagt eine wichtige Rolle, um das Defizit auszugleichen. Das merkst du vielleicht besonders nachts, wenn du durch den dunklen Flur tapst. Du bist dann unsicherer auf den Beinen.
Schutzschritte
Der Körper hat im Stand einen automatischen Auffangschutz für den Fall, dass er doch mal aus dem Gleichgewicht gerät. Diesen Schutz nennt man auch Schutzschritte. Diese Schutzschritte verhindern im Normalfall, dass du fällst. Sprich, sollte dein Körper den richtigen Moment verpassen, auf die Veränderung deiner Haltung zu reagieren, macht er automatisch einen Schritt in die Richtung. Der Körper fängt sich damit selbst auf. Du machst damit automatisch einen oder mehrere Schutzschritte bis zum Stillstand. Du kennst solche Schutzschritte vermutlich vom Busfahren, aber mit Parkinson können die Reaktionen auch in anderen Situationen erforderlich sein.
Gleichgewichtsstörung bei Parkinson
Bei Parkinson kann sich im Laufe der Erkrankung eine Gleichgewichtsstörung entwickeln. Sie ist zwar ein Hauptsymptom der Parkinson-Erkrankung, tritt aber oft nicht gleich nach der Diagnosestellung auf, möglich ist es aber dennoch.
Die automatischen Reaktionen verschlechtern sich oder bleiben am Ende sogar ganz aus. Du merkst das daran, dass du keine Schutzschritte mehr machst.
Im frühen Krankheitsverlauf kannst du mögliche Defizite gut durch den Einfluss deiner Augen und Konzentration ausgleichen. Später kann aber auch diese Unterstützung unzureichend werden. Du verlierst dann leichter das Gleichgewicht und kannst das Problem schwieriger vertuschen.
Durch die Gleichgewichtsstörung steigt deine Sturzgefahr. Das Problem bei einem Sturz ist, dass bei Parkinson-Erkrankten zusätzlich das Auffangen mit den Armen ausbleiben kann. Dadurch ist das Verletzungsrisiko höher.
Aber auch wenn du noch nie gestürzt bist, schränkt die Angst oder Unsicherheit dich in deinem Handeln und deiner Freiheit ein.
Gleichgewichtsstörungen sind neben Depressionen häufige Ursachen für eine starke Einschränkung der Lebensqualität. Hier frühzeitig entgegenzuwirken, kann das Sturzrisiko senken und den Verlauf einer Gleichgewichtsstörung hinauszögern.
Posturale Instabilität
Die sogenannte posturale Instabilität wird oft neben der Gleichgewichtsstörung benannt. Sie wird durch schlechtere Halte- oder Stellreflexe ausgelöst. Hier geht es nicht nur um das Beihalten des Gleichgewichts oder der Balance, sondern auch um eine funktionelle Haltungskorrektur.
Möglicherweise sackst du im Sitzen zur Seite, ohne es zu merken. Die posturale Instabilität ist eine nicht zu verachtende Herausforderung.
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Mehr InformationenDoch wie kannst du dein Gleichgewicht testen (lassen)?
Bekannte Gleichgewichtstest sind:
- Push & Release Test
- Berg Balance Scale
- Romberg Test
Push & Release Test
Bei diesem Test wird kontrolliert, ob du eine verzögerte Auffangreaktion hast. Dazu wirst du im Stand durch Ziehen oder Schubsen gezielt aus dem Gleichgewicht gebracht. Hierbei wird auch getestet, ob deine Auffangreaktion funktionell ist.
Berg Balance Scale
Der Berg Balance Scale beinhaltet vierzehn Aktivitäten, die nacheinander getestet und bewertet werden. Getestet wird:
- Aufstehen
- Stehen ohne Unterstützung
- Sitzen ohne Unterstützung
- Hinsetzen
- auf einen anderen Platz setzen
- mit geschlossenen Augen stehen
- Stehen mit einem engen Fußabstand
- im Stehen Arme nach vorne ausstrecken
- Gegenstand vom Boden aufheben
- sich umdrehen, um nach hinten zu schauen
- um die eigene Achse drehen
- abwechselnd die Füße auf eine Stufe stellen
- einen Fuß vor den anderen stellen und stehen bleiben
- auf einem Bein stehen
Romberg Test
Beim Romberg Test stellst du dich mit geschlossenen Füßen hin. Dann kontrollierst du, ob du die Augen schließen kannst, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Diesen Test kann man mit dem Push & Release Test kombinieren.
Selbsttest
Wie bekommst du jetzt einen ersten Eindruck, ob du an deinem Gleichgewicht arbeiten solltest?
Ehrlich gesagt würde ich, wenn ich selbst an Parkinson erkrankt wäre, immer das Gleichgewicht zusätzlich trainieren, da es beim Einbussen im Laufe der Erkrankung zu schweren Folgen kommen kann. Der erste Sturz sollte so gut wie möglich vermieden oder hinausgezögert werden.
Durch einen Sturz entwickelst du leicht Angst. Dies hat zur Folge, dass du womöglich weniger aktiv bist. Dadurch wird das Gleichgewicht noch schlechter und deine Muskulatur baut ab. Deine Lebensqualität kann darunter leiden.
Daher trainiere dein Gleichgewicht frühzeitig und bleibe fit trotz Parkinson