Das Leben mit Parkinson ist eine besondere Herausforderung – speziell in der Off-Phase.
On – Off! Was ist das überhaupt?
In den ersten Jahren nach der Diagnosestellung kann es sein, dass du von einem Phasenwechsel zwischen On und Off weitestgehend oder sogar komplett verschont bleibst. Seitdem du von deinem Neurologen eingestellt wurdest und deine Medikamente regelmäßig nimmst, läuft es rund.
Doch im Verlauf der Parkinson-Erkrankung reicht die Anfangsdosis nicht mehr aus. Die Medikamente wirken nicht mehr optimal. Plötzlich gibt es Phasen, in denen es schwieriger ist. Vielleicht geht sogar gar nichts mehr.
Anzeichen einer Off-Phase:
Es handelt sich um eine Phase zwischen den Medikamenteneinnahmen.
Die Bewegungen werden zeitweise kleiner und/oder schwerfälliger, sind eingeschränkt.
Du brauchst länger, um mit einer Bewegung zu starten oder Ähnliches.
Deine Fähigkeiten sind geringer.
Vielleicht geht sogar fast gar nichts mehr.
Es kann sogar vorkommen, dass in dieser Phase Schmerzen und Verkrampfungen auftreten.
Zwischen einer On- und einer Off-Phase spürst du eine deutliche Veränderung. Diese hält nicht den ganzen Tag an, sondern tritt auf, wenn die Wirkung der Medikamente nachlässt, und verbessert sich nach der nächsten Medikamenteneinnahme.
Die On- und Off-Phasen sind weder in der Länge noch im Eintreten vorhersehbar. Der Wechsel kann innerhalb von wenigen Minuten ablaufen und auch die Dauer ist im Vorfeld nicht abzuschätzen. Meist tritt zwanzig bis dreißig Minuten nach der Medikamenteneinnahme eine Besserung der Beweglichkeit ein, die sogar in eine Überbeweglichkeit übergehen kann.
Der Wechsel zwischen den On- und Off-Phasen ist nicht jeden Tag gleich. Wenn es dir an drei Tagen hintereinander schlecht ging, heißt es nicht zwangsläufig, dass es dir am vierten Tag ebenfalls schlecht gehen muss oder dass die Off-Phase in exakt das gleiche Zeitfenster fallen wird, wie am Vortag.
Wie kannst du mit den Off-Phasen umgehen?
Off-Phasen, die unangenehm und nicht planbar sind, schränken die Lebensqualität ein. Du steckst in einer emotionalen Achterbahnfahrt. Selten ist das Ausmaß der Erkrankung so deutlich, wie in der Off-Phase. Doch Off-Phasen bedeuten nicht, dass du austherapiert bist.
Off-Phasen bedeuten, dass du nicht (mehr) optimal eingestellt bist, oder dass die Medikamente aus anderen Gründen nicht optimal wirken können.
Ein Grund kann die gleichzeitige Eiweiß-Einnahme sein. Wenn du L-Dopa nimmst, dann solltest du darauf achten, dass der Abstand zwischen deiner Mahlzeit und L-Dopa groß genug ist. L-Dopa ähnelt den Eiweißbausteinen, die du mit der Nahrung aufnimmst. Da diese Bausteine und das L-Dopa im Magen-Darm-Trakt von den gleichen Transportern aufgenommen werden, kann es bei gleichzeitiger Einnahme vorkommen, dass das L-Dopa nicht ausreichend im Blut ankommt.
Tipps für die L-Dopa-Einnahmen:
Eine halbe Stunde vor beziehungsweise mindestens eine Stunde nach dem Essen.
L-Dopa nicht in Joghurt oder Quark einrühren oder mit Milch einnehmen.
Eiweißreiche Mahlzeiten vermehrt auf den Abend verlegen.
Weniger Eiweiß verzehren und dafür den Kohlenhydratanteil erhöhen.
Damit es für dich persönlich passt, kannst du es ausprobieren.
Iss, wann und was du gerne magst – wobei ich mich an die Grundregel, kein Eiweiß rundum die Medikamenteneinnahme, halten würde – und schreibe deine Erkenntnisse auf. Wenn du mit dem Ergebnis zufrieden bist, dann brauchst du nicht weiter zu experimentieren. Ansonsten teste ein anderes Essverhalten und notiere deine Erfahrungen, damit du am Schluss abwägen kannst, was bei dir funktioniert.
Meßbare Werte sind hierbei hilfreich. Wann hast du was eingenommen? Und wann konntest du die Wirkung spüren oder eben nicht mehr spüren?
Gibt es noch mehr Faktoren?
Auch wenn es dir, aus welchen Gründen auch immer, nicht gutgeht, stimmt die Balance nicht.
Wenn es dir schlecht geht, weil dein Kanarienvogel gestorben ist, dann bist du nicht nur sprichwörtlich gelähmt, sondern dann kann dir Mister Parkinson einen Strich durch die Planung machen. Das verstärkt natürlich den Kummer. Aber es ist ein normaler Ablauf deines Körpers. Wenn es dir schlecht geht, sinkt deine Belastbarkeit.
Dabei ist es egal, ob es der Kanarienvogel, das schlechte Wetter, Ärger mit dem Nachbarn, die Sorge rechtzeitig zum Termin zu kommen oder was auch immer ist.
Es müssen nicht immer große Ereignisse sein. Deshalb habe ich hier das Beispiel mit dem Kanarienvogel gewählt.
Es läuft besser, wenn du mit dir im Einklang bist.
Das Schöne ist, diesen Punkt hast du selbst in der Hand.
Was du nicht vollständig selbst in der Hand hast, ist die richtige Medikamenteneinstellung. Allerdings verordnet dir dein Neurologe aufgrund deiner Symptome die entsprechenden Medikamente und deren Dosis. Daher ist ein ehrliches Gespräch mit deinem Facharzt wichtig, wenn du merkst, dass du Off-Phasen hast.
Es ist nicht zwangsläufig besser, sich die Medikamente aufzusparen. Wenn du Fähigkeiten einmal verloren hast, ist es schwierig, diese neu zu erwerben.
Deine Einstellung zum Leben, dein Training, deine Freude, all das sind Faktoren, die am Ende wichtiger sind, als »aufgesparte« Medikamente.
Wenn du mühselig Medikamente »aufsparst« und dadurch nicht an deinem Leben teilnehmen kannst, bleibt dir jetzt viel weniger vom Leben und später hast du weniger Energie, eine schlechtere Beweglichkeit, eine schlechtere Stimmung, weniger Freunde und Freude.
Also: Sprich offen und ehrlich mit deinem Neurologen. Damit das klappt, ist es hilfreich, wenn du dir Notizen machst, wann du Probleme hast.
Natürlich kann es sein, dass du das schon versucht hast und bisher eine bessere Einstellung nicht gelungen ist. Oder du hast dich bewusst entschieden, auf eine höhere Dosis zu verzichten, weil dich dein jetziger Zustand nicht so sehr einschränkt.
Hast du also sowohl deine L-Dopa-Einnahme als auch die Medikamenteneinstellung sofern möglich verbessert?
Dann gibt es immer noch einiges, das du ausprobieren kannst.
1. Lenke deine Gedanken
Deine Einstellung beziehungsweise deine Gedanken steuern deine Gefühle. Die hängen wiederum mit dem Ergebnis zusammen, das du erzielst. Deine Gedanken kannst du lenken und damit der Verzweiflung entgegenwirken.
Welche Gedanken helfen dir? Grübeln und Zweifeln verstärken die Machtlosigkeit. Positive Autosuggestionen wie »Ich warte entspannt« oder »Meine Gedanken sind frei« können dir helfen.
2. Die Zeit im Off geht vorüber
Die Off-Phase ist unangenehm, keine Frage. Doch die Überlegung, welche Taten dir helfen, die Zeit besser herumzubekommen, bringt dich weiter.
- Was erleichtert dir die Situation?
- Ist es eine Tasse Kaffee oder Tee?
- Ein schönes Buch oder Musik?
- Magst du gerne Menschen um dich herum oder legst du dich lieber eine Weile hin?
3. Tu etwas für die Seele
Entspannungsübungen, Meditationen, Visualisierungen oder anderes mentales Training können dir jetzt helfen, die Zeit positiv zu verbringen und die Intensität der Off-Phase zu verringern.
4. Plane deine Off-Zeit im Alltag ein
Auch wenn eine Off-Phase unerwartet entstehen kann, so ist zu erwarten, dass du eine halbe Stunde nach der Medikamenteneinnahme gute Chancen hast, ohne besondere Vorkommnisse eine Aktivität auszuüben. Etwas Struktur kann dir helfen.
Wenn du regelmäßig beobachtest, dass du frühstücken, waschen und anziehen nicht in einer On-Phase schaffst, dann teile dir deinen Ablauf ein. Du kannst dich jeden Tag wieder darüber aufregen, dass du das Pensum nicht bewältigst. Aber du darfst dir das Pensum auch anders einteilen.
5. Mache täglich dein Übungsprogramm
Besonders lockernde Übungen helfen dir beim Start in den Tag. Regelmäßiges Ausdauertraining, wie Fahrrad fahren oder spazierengehen, helfen dir zusätzlich zu gezielten Übungen.
Durch dein regelmäßiges Training verbesserst oder erhältst du deine Belastbarkeit und deine Fähigkeiten. Daher startest du aus einer besseren Position und kannst die Verschlechterung drosseln. Außerdem hebt Bewegung die Stimmung und lindert Schmerzen.
6. Übe Fähigkeiten, die für dich im Off wichtig sind, im On
Wenn du bemerkst, dass du im Off Schwierigkeiten hast aufzustehen, um zur Toilette zu gehen, dann ist das Aufstehen für dich eine wichtige Übung. Übe das Aufstehen in einer On-Phase regelmäßig 5-10 Minuten am Stück.
7. Überlege dir zusätzlich Strategien oder Cues, die dir in einer Off-Phase helfen können
Strategien oder Cues können das Klopfen auf die Oberschenkel, Schwung holen, Marschmusik, ein Metronom, Laserpointer oder Anzählen und vieles mehr sein. Hilfreich sind auch passende Befehle, die du dir gibst.
Eine Veränderung erzielst du nicht an einem einzigen Tag, sondern durch Regelmäßigkeit.
Gib den Dingen die Zeit, die es braucht.
Pick dir am besten eine Sache heraus, die du verändern möchtest, und starte damit.
Eine Veränderung deiner Gewohnheiten darf schnell gehen, muss aber nicht.
Stärke dich durch deine Notizen und offenen Gespräche mit Menschen, die dich verstehen.
Viele Grüße